Aufbruchstimmung in der Lohkamp-Siedlung 1953
Nach dem zweiten Weltkrieg wurde Anfang der 1950er Jahre zuerst die Lohkampsiedlung gebaut, dann das Eisenbahnerviertel erweitert und so wuchs Eidelstedt und wurde von einem Bauerndorf immer mehr zu einem Stadtteil von Hamburg. Am Jaarsmoor wurden die Behelfsheime wieder abgerissen. Am Alpenrosenweg entstanden im Auftrag der Deutschen Bundesbahn neue Mietwohnungen für Eisenbahner. Der Werner-Hilpert-Weg und ein Denkmal erinnern an den damaligen Präsidenten der Deutschen Bahn und seine Verdienste um den Wohnungsbau. Im Jahr 2020/21 wurde dieses Denkmal von der Vonovia, der ein Großteil der Wohnungen heute gehört, renoviert.
Immer mehr Bauern gaben die Landwirtschaft auf und verkauften ihr Land.
Verschiedene Zuwanderungswellen ließen Eidelstedt wachsen:
So wurde auch Eidelstedt – wie viele Stadtteile in Hamburg – immer mehr zu einem multikulturellen Stadtteil.
Mehr dazu im Abschnitt Neu in Eidelstedt.
Hakenkreuzflaggen über dem Gasthaus Doppeleiche am Eidelstedter Platz
In den 1930er Jahren wehten die Hakenkreuz-Flaggen auch über dem Gasthaus Doppeleiche am Eidelstedter Platz.
Während des Krieges 1939 – 1945 fuhren viele Wehrmachtskolonnen durch Eidelstedt, besonders große Kolonnen als Dänemark 1940 besetzt wurde.
Ruine des Gasthauses Doppeleiche
Im Zweiten Weltkrieg entstanden durch Bombenangriffe in Eidelstedt besonders am 24./ 25. Juli 1943 in der Kieler Str., am Eidelstedter Platz, in der Elbgaustr. und der Reichsbahnstr. schwere Schäden. Auch um den Bahnhof Eidelstedt herum wurde sehr viel zerstört.
Gedenkstein für die Frauen im KZ-Außenlager Eidelstedt am Friedrichshulder Weg.
Sowohl im Industriegebiet an der Schnackenburgallee bei der Reichsbahn als auch in der Landwirtschaft wurden im Krieg viele Zwangsarbeiter und Kriegsgefangene eingesetzt.
Im September 1944 wurde am Friedrichshulder Weg das KZ-Außenlager Eidelstedt mit 400 bis 500 jüdischen Frauen eingerichtet, die bei der Beseitigung von Trümmern, bei der Errichtung von Behelfswohnungen und beim Schneeräumen eingesetzt wurden. Ihre Bekleidung und Ernährung im letzten Kriegswinter war völlig unzureichend. Die überlebenden Frauen wurde im April 1945 in Bergen-Belsen oft schwer krank und fast verhungert von den Engländern befreit.
An ihr Leiden erinnert heute der Gedenkstein an der Randow-Str. nahe beim Friedrichshulder Weg.
Heinrich Schröder mit seinem Stiefsohn Gerd Westphal
An den Widerstandskämpfer Heinrich Schröder erinnert heute ein Stolperstein im Hornackredder 2.
Mehr über Heinrich Schröder auf der Webseite Stolpersteine.Hamburg.
Zum nächsten Kapitel: 6 Eidelstedt nach 1945
Kieler Straße – Brücke über die Mühlenau
Schon im 19. Jahrhundert begann der Ausbau der Verkehrswege:
1805 Bau der Chaussee nach Pinneberg, dabei wurde auch die alte Steinbrücke über die Mühlenau gebaut, die bis heute im Zuge der Kieler Straße zu erkennen ist. Solange es keine Brücke gab, musste man die Mühlenau bei der Furt durchqueren, daran erinnert bis heute der Furtweg.
Der Meilenstein an der Holsteiner Chaussee erinnert an die alte Kunststraße von Altona nach Kiel.
1832 Fertigstellung der Kiel-Altonaer Chaussee
An diese Chaussee erinnern bis heute einige der alten Meilensteine, die zur Berechnung der „Maut“, der Gebühren für die Straßenbenutzung, dienten.
Der Eidelstedter Stein hat inzwischen seinen Platz vor dem Baumarkt Hornbach gefunden, weil er an seinem ursprünglichen Platz am Wullenweberstieg im Weg war. Das F steht für den damaligen dänischen König Friedrich VI. (1808 – 1839)
Bahnstation, heute S-Bahn-Station Eidelstedt im Hintergrund die Tivoli-Brauerei
1844 Inbetriebnahme der Altona-Kieler Eisenbahn über Pinneberg, Itzehoe.
Entstehung des Bahnbetriebswerks, heute ICE-Wartungswerk
Nach dem Ersten Weltkrieg wurden dann im Bereich des Redingskamps für die Menschen, die bei der Reichsbahn arbeiteten, die ersten Häuser gebaut. Daraus entstand später die Eisenbahner-Siedlung zwischen Elbgaustr. und Jaarsmoor.
Industriegebiet südlich der Bahnlinie
Die immer bessere Verkehrsanbindung förderte auch die Industrieansiedlung in Eidelstedt besonders im Bereich südlich der Bahnstation Eidelstedt (heute: Schnackenburgallee):
Die Bierbrauerei Tivoli, die Fischmehlwerke Pallasch, seit 1936 auch die Gummiwarenfabrik Ellerbrock („Hein Gummi“) am Eidelstedter Platz.
Station und Bahnbetriebswerk der AKN am Eidelstedter Platz vor 1912
1884 nahm die Altona-Kaltenkirchener Eisenbahn (AKE) ihren Betrieb auf. Wenige Jahre später und bis heute fuhr sie als AKN bis Neumünster. Allerdings fährt sie heute nicht mehr bis Altona.
1912 wurde die AKN weg von der Kieler Straße auf die neue Trasse verlegt, so dass die Haltestelle nicht mehr beim Eidelstedter Platz sondern in der Nebenbahnstraße bei Bahnhof Eidelstedt Ost lag.
Endstation der Straßenbahn seit 1913 auf dem Eidelstedter Platz, rechts die Doppeleiche, dahinter das Gasthaus gleichen Namens.
Wenig später:
1913 Fertigstellung der Straßenbahn auf der Kieler Str. bis Eidelstedt. Sie fuhr bis zum Eidelstedter Platz und hatte dort eine Wendeschleife. Seitdem wurde der Eidelstedter Platz auch „Endstation“ genannt.
1974 wurde die Linie 3 und damit der Betrieb der Straßenbahn nach Eidelstedt eingestellt. Seitdem fahren neben AKN und S-Bahn viele Busse nach Eidelstedt.
Autobahn in den 1960er Jahren
In den 1960er Jahren erfolgte der Anschluss Eidelstedts an das Autobahnnetz:
die A 23 nach Heide, die A 7 nach Kiel.
Heute wird diese Strecke immer weiter auf 6 – 8 Spuren ausgebaut und die Anwohner werden durch Lärmschutzmauern und streckenweise durch „Deckel“ vor dem Geräuschpegel geschützt.
Die Entwicklung der Verkehrsinfrastruktur bis heute wird im Abschnitt Verkehr in Eidelstedt dargestellt.
Zum nächsten Kapitel: 5 Nationalsozialismus, Zweiter Weltkrieg
Dieser Stein steht vor der Doppeleiche auf dem Eidelstedter Platz und erinnert an die Kämpfe mit Dänemark im 19. Jahrhundert.
Windmühle mit Mühlenteich
Der Name Eidelstedt geht vermutlich zurück auf die Zeit um 800, als hier der germanische Volksstamm der Sachsen lebte. Das Dorf entstand vielleicht, weil hier ein Mann mit Namen Eyler seine Wohnstätte hatte, die Eylenstede, oder ähnlich, genannt wurde.
In dem alten Bauerndorf gab es eine Wassermühle, an die bis heute ein kleiner Bach, die Mühlenau, erinnert.
Mühlen waren damals wichtig, weil die Bauern der Umgebung ihr Getreide brachten, damit es hier gemahlen wurde. Da die Wassermühle nicht ausreichte, wurde 1707 daneben noch eine Windmühle gebaut.
Dieses Bauerndorf gehörte lange zur Grafschaft Pinneberg, welche ein Teil des Herzogtums Holstein war und gemeinsam mit Schleswig verwaltet wurde. So entstand der Name Schleswig-Holstein. Es gehörte zum Deutschen Reich, wurde aber seit 1460 vom dänischen König in Kopenhagen verwaltet ebenso wie die Stadt Altona.
Nächstes Kapitel: 3 Eidelstedt – ein Dorf in Schleswig-Holstein wird Stadtteil von Hamburg
Die schwarzstämmige Doppeleiche mit 17 goldenen Eicheln
Auf dem heutigen Gebiet von Eidelstedt gab es ursprünglich ausgedehnte Eichenwälder. Ein Überbleibsel davon ist die ca. 350 Jahre alte Sola-Bona Eiche, im gleichnamigen Park (Link zu „Grün in Eidelstedt“). Schon von den Germanen wurde die Deutsche Eiche als Sinnbild der Standfestigkeit verehrt. Die Doppeleiche ist ein Eichenbaum der aus zwei starken Stämmen gewachsen oder zusammengepflanzt ist. Sie ist das Symbol der Schleswig-Holsteiner, die sich 1848-1850 gegen die dänische Fremdherrschaft erhoben.
Die Inschrift auf dem Wappen ist in plattdeutscher Sprache „Up ewig ungedeelt“ („Auf ewig ungeteilt“) und bezieht sich auf die wechselvolle Geschichte von Schleswig-Holstein:
Der heutige Hamburger Stadtteil Eidelstedt war früher ein Dorf in Holstein und ist seit 1937 Hamburger Stadtteil. 1460 wurde der regierende dänische Unionskönig Christian I. zum Herzog von Schleswig und Graf von Holstein gewählt. Die berühmte Formel der ewigen Unteilbarkeit von Schleswig und Holstein wurde in diesem Vertrag mit den Worten: „Dat se blieven tosamende ewich ungedeelt“ festgelegt. Im 19. als eine breite Bewegung in Deutschland für einen demokratischen Nationalstaat stand dieser Slogan und die Eiche für den vereinten Kampf von Schleswigern und Holsteinern gegen die Ansprüche der dänischen Könige.
Die weiße drei-türmige Burg auf rotem Grund
Die Burg samt Seitentürmen und Mariendom ist das offizielle Wappen der Hansestadt Hamburg.
Die Windmühle vor dem Blau des Mühlenbaches
Die Windmühle verweist auf die Anfänge Eidelstedts, als die Mühlenrechte Bauern aus den umliegenden Gemeinden verpflichteten, ihr Korn an der Mühlenau mahlen zu lassen.
Entstehung
Das Wappen, das sich aus diesen drei beschrieben Zeichen und der Inschrift zusammensetzt, wurde von dem Designer Joerg Kilian in den Jahren 2008 bis 2010 in einem quasi basis-demokratischen Prozess unter starker Einbeziehung der Eidelstedter Bevölkerung entwickelt. Initiatoren dieses Prozesses waren die drei Vereine Eidelstedter Bürgerhaus, Eidelstedter Bürgerverein und der Sportverein Eidelstedt. Das Wappen soll Gemeinschaftssinn stiften. Jeder in Eidelstedt soll die Möglichkeit haben, das Stadtteil-Logo unentgeltlich als Identitätssymbol für seine Zwecke einzusetzen. Mehr zum Wappen und zu seiner Entstehung auf der Website, die bis heute von Joerg Kilian betrieben wird. Hier kann man auch verschiedene Versionen kostenlos herunterladen.
Das noch junge Eidelstedter Wappen sagt viel über die Bewohner dieses Stadtteils, der wie ein zerfurchtes Ginkgo-Blatt im Nordwesten Hamburgs hängt, und ihre Identitätssuche: über den Spagat zwischen Großstadtleben, dörflichem Charme und der Nähe zum Nachbarland Schleswig-Holstein, auf dessen Wurzeln man sich hier noch gern besinnt.
Text von Katharina Lippert, bearbeitet von Wolfgang Wallach